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Trainingsguide zum Schattenboxen

Trainingsguide zum Schattenboxen

Laut Duden ist das Schattenboxen eine „Art des Trainings, bei dem jemand gegen einen nur vorgestellten Gegner (gegen den eigenen Schatten oder gegen sein Spiegelbild) boxt“. Dieses „Boxen in die Luft“, also auch ohne jegliches Gerät wie etwa einen Boxsack, soll zu besserem und effektiverem Boxen verhelfen. Es handelt sich um eine sehr wichtige Trainingsmethode beim Boxen, die Du nie vernachlässigen darfst!

Was ist Schattenboxen überhaupt und warum ist es so wichtig?

Viele Fachleute sagen, dass Schattenboxen die vielleicht wichtigste, effektivste, vielseitigste und ursprünglichste Trainingsmethode überhaupt ist. Dabei trainiert der Boxer alleine. Du kannst beispielsweise vor einem Spiegel trainieren, um Dich selbst dabei beobachten zu können. Bewegungsabläufe und Schlagtechniken können eingeübt werden und die Muskulatur wird gekräftigt. Im Idealfall wird Dir das Schattenboxen mehr Ausdauer und Schnelligkeit schenken, Deine Beinarbeit verbessern, Deine Technik in Offensive und Verteidigung optimieren und Deinen Kampfrhythmus variabler machen. Da es ein sehr kraftschonendes Training ist, lernst Du viel, ohne Dich zu verausgaben und unnötig Energie zu verschleudern. Du kannst unter ausschließlicher Nutzung Deiner eigenen Vorstellungskraft sämtliche Bewegungsabläufe ausprobieren und auf ihren Nutzen für Deinen Kampf überprüfen. Fehler werden nicht dadurch bestraft, dass Du wie im echten Kampf einen Treffer Deines Gegners einstecken musst. Allerdings steckt darin auch ein kleiner Nachteil: Du trainierst nicht für die richtige Kampfsituation. Einen physischen Gegner, an dem Du Deine Kräfte messen kannst, gibt es beim Schattenboxen nicht. Richtig eingesetzt kann Dir das Schattenboxen aber trotzdem immens viel bringen.

Das Schattenboxen als wichtige Trainingsmethode

Ein großes Manko bei vielen – auch sehr guten – Boxern ist die Bewegungskoordination. Nur wenige Boxer können tatsächlich mit einer wirklich guten Bewegungskoordination glänzen. Ihre Hauptwaffen sind schnelle Reflexe und kraftvolle, technisch saubere Schläge. Das sind natürlich die Elemente, die ein Boxer immer wieder zu Recht trainiert, denn sie werden am Ende über Sieg und Niederlage entscheiden. Wer sich aber optimal bewegen kann, wird sowohl seine Schlagtechnik als auch seine gut geschulten Reflexe sehr viel besser einsetzen können. Deshalb sollte immer und immer wieder eine Trainingseinheit im Schatten boxen eingelegt werden, nicht nur hin und wieder. Viele Boxer vernachlässigen das Schattenboxen. Du wirst diesen Fehler nicht machen, denn Du weißt, wie wichtig diese Trainingseinheiten für Deine Gesamtkonstitution sind.

Bewegungskoordination und Gedankenschnelligkeit

Im Zentrum des Schattenboxens stehen die Bewegungsabläufe. Da Du keinen Gegner  und keinen Boxsack vor Dir hast, also kein physisches Ziel für Deine Schläge vorhanden ist, kannst Du Dich ganz auf Deine Bewegungen konzentrieren. Am Ende soll sich Dein Körper an die typischen Boxbewegungen gewöhnen, sie als Automatismen verinnerlichen und jederzeit abrufen können. Je automatischer Deine Bewegungen ablaufen, umso natürlicher werden sie. Das gibt Dir die Möglichkeit, Dir auch den imaginären Gegner, gegen den Du in Deiner Vorstellung boxt, im echten Kampf und in seinen Bewegungen vorzustellen. Das wird Deine Gedankenschnelligkeit im richtigen Fight erhöhen, denn Du hast beim Schattenboxen schon alle erdenklichen Varianten durchgespielt. Dein Reaktionsvermögen wird sich also ebenfalls verbessern. Das wiederum setzt sich in Bewegungsabläufe um, die Du beim Schattenboxen eingeübt hast. Der Kreis schließt sich.

Schattenboxen lernen, um ein begnadeter Kämpfer zu werden

Das Schattenboxen steht von Anfang an auf Deinem Trainingsplan, auch und gerade wenn Du Neuling bist. Jeder Anfänger sollte zwingend mit dem Schattenboxen vertraut gemacht werden. Zunächst müssen Deine Arme sich an die Bewegungsabläufe beim Boxen gewöhnen. Wird zu früh der Boxsack eingesetzt, kann Folgendes passieren: Die Schläge werden durch den Sack abgefedert, wodurch die Rückenmuskulatur vernachlässigt wird. Wird die aber nicht hinreichend trainiert und dadurch gestärkt, kannst Du sie beim Kampf nicht einsetzen. Wenn beispielsweise ein Schlag Deinen Gegner verfehlt, beansprucht das Deine Rückenmuskulatur, da Du die ungenutzte Bewegungsenergie auffangen musst. Ist die Muskulatur zu schwach, wirst Du schnell müde und gerätst aus der Puste. Dein Gegner wird sich freuen …

Außerdem werden bei Boxern, die das Schattenboxen vernachlässigen, die Bewegungsabläufe hölzern, unstet, unkontrolliert und hektisch. Das sieht wirklich äußerst unelegant aus! Geübte Schattenboxer hingegen wirken geschmeidig und natürlich, sie teilen ihre Schläge locker und mühelos aus, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Sie bewegen sich mit Ruhe, nicht zu viel, aber schnell. Arme, Beine und Körper bilden eine Einheit, alles wirkt gut ausbalanciert

Auch der Kopf profitiert vom regelmäßigen Training. Wer immer wieder das Schattenboxen praktiziert, ist mental fitter und vor dem Kampf bestens motiviert. Statt ängstlich und aufgeregt zu wirken, ist der Schattenboxer entspannt und hochkonzentriert. Denn: Er ist sich seiner großen Beweglichkeit bewusst, und das gibt Sicherheit. Die essentiellen Bewegungsabläufe sind vielfach trainiert. Angst oder gar Panik und geistige Erschöpfung haben hier keine Chance mehr.

So läuft eine Trainingseinheit Schattenboxen

Um Deine Bewegungsabläufe und ihre Koordination zu trainieren und in Deinem Muskelgedächtnis zu verankern, solltest Du das Schattenboxen so oft wie möglich trainieren. Das geht auch noch, wenn Du für den Boxsack oder ein Sparring zu müde bist. Reserven für einen kleinen „Luftkampf“ hast Du immer noch. Eine Trainingseinheit Schattenboxen sollte etwa 15 Minuten umfassen. Das ist dabei zu beachten:

  • Aufwärmen
    Schüttel zunächst Deine Arme und Beine locker aus, lockere Deine Schultern und bewege den Kopf hin und her. Federe auf den Fußballen und beginne, einige Schläge auszuführen. Wiederhole die Übung mit etwas mehr Nachdruck. Es ist okay, wenn Du leicht ins Schwitzen kommst, denn der Körper soll ja auf Betriebstemperatur gebracht werden. Also: Bewegung und nochmal Bewegung!
  • Boxhandschuhe an oder aus?
    Das Schattenboxen mit Handschuhen oder sogar Gewichten ist nicht zu empfehlen. Das lenkt zum Einen von den eigentlichen Übungen ab. Zum Anderen aber kann es Deine Gelenke schädigen. Denn Gewichte aller Art ziehen die Arme nach unten. Sie erhöhen nicht Deine Schlagkraft oder Schnelligkeit. Mit Gewicht betreibst Du Widerstandstraining, aber kein Training Deiner Beweglichkeit. Für das Ausdauertraining kann Gewicht an den Händen unter Umständen sinnvoll sein (manche Profiboxer trainieren so), allerdings dürfen die Bewegungen dann nur sehr langsam ablaufen.
  • Technik
    Überleg Dir, an welcher Technik Du gerade arbeiten willst. An einer bestimmten Schlagtechnik? An Deinem Defensivverhalten? Dann nimm Dir zunächst die Zeit, ganz langsam Deine Haltung vor dem Spiegel einzunehmen und gegebenenfalls zu korrigieren. Konzentriere Dich auf ein oder zwei Schlüsselelemente Deiner Bewegung. Die übst Du, bis Du sie verinnerlicht hast. Dann befasst Du Dich mit den Details Deiner Technik, bis Du den kompletten Bewegungsablauf richtig einstudierst hast. Damit sich keine für Dich ungünstigen Bestandteile einschleichen, solltest Du Dich zunächst vom Trainer unterstützen lassen.
  • Koordination
    Versuche jetzt, die geübte Aktion in Deine natürlichen Bewegungsabläufe einzubauen. Übe zum Beispiel einen JAB aus verschiedenen Positionen heraus, mit unterschiedlichen Fußstellungen, variiere mit den Zieldistanzen. Trainiere das, bis es sich ganz selbstverständlich anfühlt. Dann kannst Du auch im Kampf den Schlag im richtigen Moment einsetzen, anstatt ihn möglicherweise zum falschen Zeitpunkt zu erzwingen. Bewegung und Schlag sind dann optimal koordiniert.
  • Rhythmus
    Du hast einzelne Bewegungsabläufe durch das häufige Schattenboxen schon verbessern können. Aber der Gesamtrhythmus im Kampf muss ebenfalls stimmen. Auch hierbei kann Dich das Schattenboxen weiter bringen. Deinen Rhythmus kannst Du durch die Aneinanderreihung mehrerer Bewegungsabläufe trainieren, zum Beispiel: 3-4 Schläge, gefolgt von 3-4 Meidbewegungen (Abducken, Pendeln usw.), dann 3-4 Schritte und das Ganze von vorne. Verausgabe Dich dabei nicht, es geht ja nur darum, dass Du in einen guten Rhythmus kommst. Achte auch besonders auf Deine Füße, die sollen nämlich immer federn, federn und nochmal federn.
  • Strategie
    Während des Schattenboxens kannst Du hervorragend schlechte Angewohnheiten eliminieren und strategische Schlüsselmomente für den Kampf entwickeln. Vielleicht kommst Du gerade aus einem Sparringskampf, in dem Du nacheinander immer wieder einen JAB kassierst hast. Dann überlege Dir eine Strategie, wie Du künftig effektiv darauf reagieren bzw. die Treffer vermeiden kannst. Die neue Strategie kannst Du im Schattenboxkampf einüben, bis sie sich in Deinem Muskelgedächtnis eingegraben hat.
  • Cooldown
    Deine Schattenboxen-Einheit beendest Du mit langsamem Auslaufen. Entspanne Dich, atme ruhig und freu Dich über die neu gewonnenen Erkenntnisse. Deine Bewegungskoordination hat sich wieder ein Stück verbessert!

Wann ist der beste Zeitpunkt fürs Schattenboxen?

Viele Boxer praktizieren das Schattenboxen deutlich zu selten. Als Boxer mit Ambitionen solltest Du täglich mindestens eine, besser zwei Einheiten Schattenboxen einlegen. Jede Einheit wird am Stück 15 Minuten ohne Pause absolviert. Die Muskulatur sollte immer gut erwärmt sein und der Körper in ständiger Bewegung. Wenn Du merkst, dass Du zu schnell müde wirst, musst Du Dein Tempo drosseln, denn das Schattenboxen ist nicht dazu gedacht, Dich auszupowern.

Jeder Zeitpunkt ist für das Schattenboxen geeignet. Wenn Du anstehst, um einen freien Boxsack zu bekommen oder wenn Du anderen beim Sparring zusiehst: Nutze die Zeit für einen kleinen Luftkampf! Effektiv ist auch das Schattenboxen mit einem Partner. Dabei haben beide Boxer keinerlei Körperkontakt sondern agieren mit größerer Distanz zueinander. Dadurch wird der aber der echte Kampf simuliert, da beide Schattenboxer aufeinander eingehen und auf die Aktionen des Anderen reagieren. Deine Sinne bleiben dabei besonders wach und Du wirst auf Fehler aufmerksam, die Du dadurch in Zukunft vermeiden kannst. Auch das Training mit dem Boxsack ist möglich. Du setzt den Sack leicht in Bewegung und weichst dessen Pendelbewegungen aus, wenn Du Deine Schläge ausführst. Slip-Bag und Slip-Line, also das Trainieren des Pendelns, Ausrollens und weiterer Bewegungstechniken des Kopfes, können auf diese Art gut trainiert werden. Schließlich kannst Du auch eine Schattenboxeneinheit im Ring einlegen. Das optimiert Deine Orientierung im Ring und Du kannst das Spiel mit den Seilen einüben.

Feedback – wichtiges Element beim Schattenboxen

Einer der wichtigsten Gründe, in einem guten Boxclub zu trainieren, ist das Feedback, das Du während des Trainings bekommst. Das gilt auch für das Schattenboxen. Auch hier werden Deine Bewegungsabläufe kontinuierlich verbessert, wenn Du ein konstruktives Feedback erhältst. Ohne Hilfe von außen ist eine Verbesserung schwierig.

  • Training vor dem Spiegel
    „Alone with your thoughts“ – Du alleine siehst Dir im Spiegel zu und lässt Deinen Gedanken dabei freien Lauf. Der Spiegel zeigt Dir Deine Bewegungen, Du kannst sie verfolgen und sehen, wie sich schon kleine Veränderungen in den Bewegungsabläufen auf Deine Gesamtperformance auswirken. Du kannst nach Optimierungsmöglichkeiten Ausschau halten. Vielleicht trainieren gleichzeitig auch andere, erfahrene Boxer das Schattenboxen – sieh Ihnen im Spiegel zu und lerne von ihnen.
  • Arbeiten mit dem Trainer
    Nutze jede Gelegenheit, mit Deinem Trainer (oder einem anderen erfahrenen Boxer) zu trainieren. Lass sie Dir zusehen und Tipps geben. Niemand kann Dir mehr bei der Verbesserung Deiner Bewegungskoordination helfen, als jemand mit langer Erfahrung. Falls das technisch möglich ist: Auch das Aufzeichnen Deiner Trainingseinheit auf Video kann Dir helfen, sowohl Fehler als auch Optimierungspotential zu entdecken, wenn Du es später alleine oder mit dem Trainer ansiehst.
  • Den Körper als Trainer nutzen
    Dein Körper ist Dein Kapital. Deshalb sei achtsam und höre auf ihn. Sind bestimmte Bewegungsabläufe sehr anstrengend oder bereiten Dir sogar Schmerzen, dann machst Du vermutlich etwas falsch. Weder sollten Deine Schultern beim Haken noch Dein Rücken beim Pendeln weh tun. Auch solltest Du niemals aus der Balance kommen. Ein Bewegungsablauf, der Dich ins Taumeln bringt, kann Dir im Kampf sicher nicht helfen. Und wer schon beim Schattenboxen Ausdauerprobleme hat, wird dem echten Gegner im Kampf nicht lange standhalten können.

Mach Dir Gedanken zum Schattenboxen!

Lass Deinen Kopf immer eingeschaltet, bleib wach, denk mit! Erkenne Deine Schwächen, bevor Dein Gegner sie erkennt und im Kampf ausnutzen kann. Setze Dir also auch für Deine Trainingseinheiten im Schattenboxen feste Ziele.

  • Frag Dich: Wo liegen meine Schwachstellen? Du weißt es aus verloren gegangenen Kämpfen, Du kennst sie durch Kritik Deines Trainers oder Hinweise Deiner Trainingsgenossen.
  • Was möchtest Du also konkret verbessern? Beweglichkeit, Schnelligkeit, Technik?
  • Dann konzentriere Dich auf genau diese Punkte und arbeite einige Zeit gezielt daran. Nimm Dir immer nur einen verbesserungswürdigen Punkt vor und niemals mehrere gleichzeitig. Hast Du einen Schwachpunkt zu Deiner Zufriedenheit bearbeitet, kannst Du den nächsten aufgreifen und trainieren.
  • Versuche Neues! Trainiere beispielsweise einen JAB nicht ständig auf die gleiche Weise. Sei variabel und suche neue Wege, den JAB zu schlagen. Du kannst verschiedene Postionen ausprobieren oder unterschiedliche Muskelgruppen dabei stärker betonen (Schultermuskulatur, Rückenmuskulatur). Du kannst Dein Gewicht auf einen Fuß verlagern oder beide Füße gleich stark belasten. Größere oder kleinere Schritte bringen ebenfalls Variation in Deine Bewegungsabläufe. Dein eigenes Repertoire erweitert sich auch durch Zuschauen, wenn andere Boxer trainieren. Mit der Zeit werden sich Deine Bewegungskoordination und Deine Technik dadurch verbessern.
  • Wenn Du Linksausleger bist, ist es allerdings nicht sinnvoll, zwischendurch in die Rechtsauslage zu wechseln. Bleib bei Deinen natürlichen Bewegungen. Ein Wechsel kann mal der Auflockerung dienen, hat aber im regulären Training nichts zu suchen – auch beim Schattenboxen nicht. Neues erlernst Du besser in Deiner angestammten Auslage.

Mach des den Profis nach und trainiere regelmäßig das Schattenboxen. Du wirst Deine Bewegungskoordination optimieren, schneller und reaktionsstärker werden und Dich mental aufbauen.

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